Evangelischer Presse Dienst /epd
vom 23. Oktober 2016
„Mensch, Gott, du kannst ja richtig witzig sein“
Umjubelte Premiere von „Ogoddogott“ im Hamburger Kiezclub Gruenspan
Von Klaus Herhof
Hamburg (epd). Gott schweigt – meistens. Umso erstaunlicher, dass sich ein zweistündiges Programm um ihn herum basteln lässt. „Ogoddogott“ des Hamburger Musikers und Comedians Jan Christof Scheibe (53) feierte am Sonnabend eine umjubelte Premiere im „Gruenspan“ auf dem Kiez in St. Pauli. Ein Fazit des Abends ist zugleich Untertitel des Programm-Plakats: „Mensch, Gott, du kannst ja richtig witzig sein.“
Als Sohn eines evangelischen Organisten in Hamburg-Othmarschen hat Scheibe die Kirche „backstage“ erlebt. Dabei habe er „viel Sympathisches und manches Skurrile“ erlebt. „Ich weiß, wer unter dem Talar steckt und in welchem Supermarkt der Küster den Abendmahlswein kauft“, sagt der Enkel von zwei Pastoren.
In seinem Song für christliche Umweltschützer heißt es: „Erleuchte mich, Herr, erleuchte mich, mach mich zum Energiespar-Licht. / Und schaltest Du dereinst meine Lampe aus, dann sparen wir noch viel mehr Strom zu Haus.“ Über vegane Christen kalauert Scheibe: „Soya, so ja, wollen wir Dich preisen / Vegan, wegan Deiner Herrlichkeit.“
Zur Realsatire mutiert das Programm, wenn Scheibe zu getragenen Orgelklängen mit Grabesstimme „Oh freue dich, du Christenheit“ anstimmt. Oder das Weihnachtslied „In dulci jubilo“ mit den „O le, o le o le o le“-Gesängen aus Fußballstadien mischt. Als „Stuntman des Glaubens“ stürzt sich Scheibe auch in die Abgründe der Weltreligionen. Für alles und jedes gebe es Beipackzettel, die Stiftung Warentest oder Empfehlungen der Verbraucherzentralen – nur für die Religionen nicht. „Da wird man reingeboren, man erbt sie gewissermaßen“, sagt Scheibe. Und kommt lebend nicht wieder raus.
Als Kind spielte er oft mit Playmobil-Figuren in der Kirche, wenn sein Organisten-Vater mit dem Pastor noch etwas zu besprechen hatte. Dann lief Jesus im Taufbecken über das Wasser oder Noah fuhr mit seiner Arche. Verschüttetes Wasser füllte er aus dem Weinkrug vom Altar wieder auf – dann konnte er sogar spielen, wie Moses das Rote Meer teilt.
Scheibe sucht den Weg zu Gott mit Gitarre, E-Piano und einem perfekt gemischten Bühnensound. Und er legt zwischen Himmel und Hölle den Humor frei – etwa, wenn er als abgefeimter US-Evangelist den reichen Kollekten-Segen in die Höhe wirft und ruft: „Behalte du Gott, was du brauchst – nur das, was wieder runterfällt, ist für mich.“
Scheibe trat schon mit zehn Jahren in der „Peter Alexander-Show“ auf. Nach dem Studium der Komposition wurde er Popmusiker und Musikproduzent. Er arbeitete als Arrangeur der „Best of Dreigroschenoper“ mit Dominique Horwitz und wirkte als Komponist und musikalischer Leiter bei großen Produktionen unter anderem für das Hamburger Schauspielhaus, das Thalia Theater und das Frankfurter Schauspiel. 2013 gründete Scheibe den „Heaven Can Wait“-Chor, in dem sich 70- bis 90-Jährige der modernen Popmusik verschrieben haben und regelmäßig mit Liedern von Jan Delay, Nirvana oder Deichkind im St. Pauli Theater oder auf Kampnagel zu Gast sind.
„Ich weiß, dass da etwas Großes ist“, heißt Scheibes Schlussnummer, die das Publikum wieder ins eigene Nachdenken entlässt. Textauszug: „Von Kulissenschiebern der Geschichte / immer wieder gut versteckt / liegt es da vor aller Augen / und wartet, bis man es entdeckt.“