Kabarettist in Hamburg – Darf man über Religion lachen Herr Scheibel?
Von Wiebke Tomescheit
Mitgliederschwund und Bedeutungsverlust: Die Kirche hat ein Problem. Vor allem die protestantische: „Man ist so wahnsinnig bemüht, modern zu sein. Dann wird da Rilke zitiert. Und wenn Deutsche Gospel singen, dann stellen sich mir die Nackenhaare auf. Singt doch Bach, das groovt auch!“
Das sagt Musiker und Kabarettist Jan Christof Scheibe (53) und er sagt es, weil er „den Verein trotzdem irgendwie mag“. Sein Vater war Kirchenorganist, er lernte die Kirche somit „von der menschlichen Seite, nie wie im Frontalunterricht“ kennen. Und deshalb beschäftigte ihn, warum das anderswo „irgendwie besser klappt“.
Er bastelte ein freches, mutiges und doch liebevolles Comedy-Programm über Glauben, Kirche und die Weltreligionen zusammen. Mit allen befasste er sich, auch aus privatem Interesse. „Ich habe aber keine vergleichende Theologie studiert oder so“, erklärt er lachend. Scheibe selbst glaubt durchaus an Gott, aber nicht unbedingt so, wie es die Kirche vorschreibt. „Ich glaube, dass es ein System gibt – was du tust und denkst, beeinflusst dein Leben und das deiner Mitmenschen.“
Das Spannende am Glauben ist für ihn, mal das Denken abschalten zu können. „Das tun wir ja heute kaum noch. Aber es ist doch toll, wenn es Dinge gibt, die du nicht verstehst – und nicht verstehen musst!“
Sein Programm „Ogoddogott“, das am Sonnabend im (bestuhlten) Gruenspan Premiere feiert, zeigt gnadenlos alle Schwachstellen des Systems Kirche auf – auch, um vielleicht Verbesserungen anzuregen. „Einen Lösungsvorschlag habe ich aber auch nicht. Mein Programm stellt eher Fragen“, so Scheibe. Auch die, ob Gott überhaupt noch Bock auf die Menschen hat: „Wie ein alter Freund, bei dem du dich zehn Jahre nicht gemeldet hast, und erst anrufst, wenn du ein Problem hast.“
Gruenspan: 22.10., 20 Uhr, Große Freiheit 58, 24/28 Euro
– Quelle: http://www.mopo.de/24950226 ©2016